Badminton Open Saarbrücken

Bundesliga 2015.01.10

Nikolaj Persson: Bundesliga vom DBV abkoppeln

Nikolaj Persson: Bundesliga vom DBV abkoppeln
[Foto: Sven Heise]
Von Michael Stauner
Nikolaj Persson ist in Kopenhagen geboren und schlägt seit Urgedenken für den TSV Trittau auf. Über seine internationale Karriere, die Bundesliga-Saison 2014/2015 mit dem TSV Trittau und die Bedeutung der Familie gibt der 23-Jährige Michael Stauner Auskunft. Dabei geht er vor allem auf die unbefriedigende Situation mit dem Gesamtprodukt Badminton-Bundesliga ein.
Du hast einmal deinen Bruder Joachim, der sich vor einigen Jahren entschieden hat, für Dänemark aufzulaufen, als dein Vorbild genannt. Trifft das immer noch zu?
Als kleines Kind versucht man ja immer, seinen Geschwistern nachzueifern. Heute liegen die Dinge natürlich etwas anders. Ich habe natürlich Bewunderung und Respekt für seine Errungenschaften und Erfolge. Es ist aber auch wichtig, dass man seinen eigenen Weg findet und diesen geht. Auf diesem Weg ist er ein sehr guter Berater für mich. Er hat sehr viel Erfahrung, welche von großem Nutzen für mich ist.

Sind alle deine Geschwister mit dem Badminton-Virus infiziert?
Ich habe fünf Geschwister. Davon jeweils zwei ältere Brüder und Schwestern sowie einen jüngerer Bruder. Wir haben irgendwo alle eine Verbindung zum Badminton. Jeder hatte schon mal ein Racket in der Hand und bis auf meine größte Schwester haben alle auf Wettkampfebene Badminton gespielt.

Kam es für dich in Frage, dem Beispiel deines großen Bruders zu folgen und für Dänemark aufzuschlagen?
Theoretisch ginge das. Meine Eltern sind Dänen und ich bin in Dänemark geboren. Mir ist aber auch bewusst, dass die Leistungsdichte der Spieler dort extrem hoch ist. Die Konkurrenz stärkt die Spieler natürlich auf der einen Seite, auf der anderen Seite macht es die Qualifikation zu den großen Events noch schwieriger. Deswegen halte ich das momentan für unwahrscheinlich. Außerdem schlage ich sehr gerne für Deutschland auf. Ich bin hier groß geworden, lebe hier und fühle mich wohl, und habe schöne Erfahrungen mit der deutschen Nationalmannschaft gemacht.

Welchen Stellenwert nimmt die Familie in deinem Leben ein? Wie habt ihr Weihnachten und den Jahreswechsel verbracht?
Meine Familie ist mir sehr wichtig. Mit meinen Freunden sind sie mein Rückzugsort. Durch sie wird mir bewusst, was wirklich wichtig im Leben ist. Weihnachten haben wir traditionell zu Hause in Trittau verbracht. In dieser Konstellation sehe ich meine Familie ziemlich selten, da wir alle ziemlich verstreut sind. Deswegen ist Weihnachten immer eine super harmonische, schöne Zeit. Ins neue Jahr starten wir unterschiedlich. Nach Weihnachten geht es für uns schon wieder an die Tagesordnung, und individuelle Pläne und Termine haben Vorrang.

Wo liegen deine Stärken und Schwächen auf dem Badminton-Feld?
Meine Stärke auf dem Feld ist, dass ich kämpfe und an mich glaube. Mein Spielstil ist zwingend, ich will das Spiel entscheiden und suche nach Möglichkeiten, den Ballwechsel zu gewinnen. Dabei spielen mir meine Größe und mein starkes, variables Angriffsspiel in die Karten. Meine Schwäche ist, dass ich manchmal die Ballwechsel zu schnell für mich entscheiden will. Manchmal muss ich die Bälle noch „länger halten“ und geduldig auf meine Chance warten. Außerdem gibt es noch einige taktische Details, an welchen ich zurzeit arbeite.

Beim TSV Trittau spielen – Perssons ausgenommen – kaum einheimische Athleten. Du bist schon in vielen Bundesliga-Spielstätten aufgetreten, auch in solchen mit vielen deutschen Nationalspielern. Ist die Stimmung dort anders? Suchen auch Badminton-Fans nach Identifikationsfiguren?
Die Situation in der Bundesliga kann für alle Beteiligten nicht befriedigend sein, ob in Trittau oder in anderen Bundesligavereinen. Dabei macht es bezogen auf die Zuschauerresonanz meiner Meinung nach keinen Unterschied, ob ein Verein Nationalspieler hat oder nicht. In der Tat waren Auswärtsspiele bei Vereinen mit vielen Nationalspielern eher „Trauerspiele“.

Mit Jonathan und mir spielen zwei echte Eigengewächse in der Mannschaft. Da hebt sich der TSV Trittau schon von vielen Vereinen ab. Wir sind mit dem Verein groß geworden und haben viele Zeiten mitgemacht. Ich habe schon in der Landesliga für den Verein aufgeschlagen und bin den gesamten Weg in die 1. Bundesliga mitgegangen. Zudem ist unser Indonesier Ary Trisnanto nun schon einige Jahre dabei. Er ist ein Publikumsliebling und ist persönlich mit unseren Fans verbunden. Er lebt und trainiert regelmäßig in Trittau. Mit Verlaub, ihn kann man nicht in eine Schublade wie andere ausländische Spieler stecken.

Wir sind der einzige Nordverein der Liga. Die Olympiastützpunkte sind bekanntlich in Saarbrücken und Mülheim. Von daher ist es schon aus logistischen Gründen nachvollziehbar, dass sich ein deutscher Nationalspieler eher einem anderen Verein anschließt. Hinzu kommt, dass andere Vereine einfach mehr Geld haben und so die Kader mit deutschen Spielern besetzen können. Vereine mit weniger Geld verstärken sich dann mit ausländischen Spielern, die häufig nicht ganz so teuer wie deutsche Nationalspieler sind.

Meine Aussage über die finanziellen Unterschiede zwischen ausländischen und nationalen Spielern meine ich so: Ein Verein will einen Spieler verpflichten; es steht ein deutscher Spieler und ein ausländischer Spieler zur Debatte. Beide sind vom Leistungsniveau relativ gleichwertig. So zeigt sich, dass der Nationalspieler häufig höhere finanzielle Vorstellungen hat. Das ist zumindest meine Erfahrung. In den Niederlanden zum Beispiel ist das Niveau der Liga nicht so hoch und nicht so interessant wie in Deutschland. Eine Ausnahme stellt Dänemark dar, wo die Vereine relativ viel Geld haben. Deswegen sieht man auch kaum dänische Spieler in der Liga, abgesehen von Kenneth Jonassen.

Aber bei ausländischen Spielern übernimmt der Verein doch zusätzlich die Kosten für den Flug – was bei deutschen Spielern, die in Saarbrücken oder Mülheim trainieren, nicht nötig ist.
Deutsche Spieler werden meistens nicht eingeflogen, das stimmt. Niederländische, belgische oder österreichische Spieler aber auch nicht unbedingt. Von daher relativiert sich das. Auch stehen im Vorfeld der Saison Spieltermine schon fest, so dass ziemlich günstige Tickets, beispielsweise für Engländer, organisiert werden können.
Bezogen auf die Zuschauerresonanz waren die Auswärtsspiele mit vielen Nationalspielern eher Trauerspiele.
Nikolaj Persson

Gehen wir nochmal auf die Identifikationsfiguren ein...
... auch der TSV Trittau ist stark interessiert daran, die Liga mehr mit Einheimischen zu besetzen. Darum bemühen wir uns auch jedes Jahr. Aber vor dem Hintergrund der oben beschriebenen Problematik stoßen wir da auch immer wieder an unsere Grenzen. Weil wir eben geographisch relativ weit weg von den Stützpunkten sind und es sehr viele Spieltermine gibt, braucht man gute Argumente. Meistens in Form von mehr Geld, welches wir nicht haben.
Ich denke natürlich, dass Fans nach Identifikationsfiguren suchen. Das bedarf aber einer besseren Vermarktung. Identifikation kann aber erst durch eine persönliche Bindung zwischen Zuschauer und Spieler entstehen. Die ist aber fast nie gegeben, bedingt durch die Probleme, mit denen Badminton sich konfrontiert sieht: kaum TV-Übertragung -> kaum Sponsoren -> kaum Gelder.

Ein wichtiger Schritt wäre es, die Liga vom Deutschen Badminton-Verband abzukoppeln. Dann könnte man die Verantwortung zum Beispiel an eine Vermarktungsagentur übergeben, die ein passendes Marketing-Konzept entwickelt und umsetzt.

Der TSV Trittau steht in der Bundesliga-Tabelle auf einem gesicherten Mittelfeldplatz. Was ist das Saisonziel des Vereins?
Leider konnten wir in dieser Saison kein einziges Mal aus dem Vollen schöpfen und mit dem kompletten Kader antreten. Da wir viel mit Verletzungen zu kämpfen haben, finden wir uns derzeit auf dem sechsten Tabellenplatz wieder. Mit der Tabellensituation können wir leben, auch wenn mit mehr Gesundheit mehr möglich gewesen wäre. Für die Rückrunde ist das Ziel, die restlichen Teams hinter uns zu lassen und das Quintett vor uns nicht aus den Augen zu verlieren. In der Vorrunde war es gegen favorisierte Gegner schon sehr eng und es fehlte nicht viel, einen Punkt oder gar einen Sieg zu landen. Von daher muss das Ziel sein, gegen die Teams vor uns einen guten Tag zu haben und diese zu ärgern.

Dein Bruder Jonathan spielt in der 2. Mannschaft und kämpft um den Klassenerhalt in der 2. Bundesliga Nord. Wie kann das Team aus dem Tabellenkeller gelangen?
Die Saison der 2. Mannschaft wird von den bereits bekannten Visa-Problemen für die indonesischen Spieler gekennzeichnet. Diese waren als fester Bestandteil für das Team vorgesehen. Deren Ausfall, aber auch knappe, unglückliche Niederlagen haben dazu geführt, aktuell auf dem letzten Tabellenplatz zu stehen. Es wird nicht leicht sein, das Team wieder aus dem Keller zu bringen. Die übrigen Mannschaften sind stark besetzt und alle eng beieinander. Da die Mannschaft schon etwas abgeschlagen ist, liegt der Druck eher bei den anderen Teams, gegen uns zu gewinnen.

Nachdem du im Jahr 2012 vier Auftaktpartien bei Turnieren abgebrochen hast und 2013 international gar nicht aktiv warst, hast du dich jüngst bei den Finnish Open und den Turkey International wieder ins Getümmel geworfen. Wirst du 2015 wieder international angreifen?
Leider haben mich Verletzungen immer wieder aus dem Rhythmus gebracht und einen normalen Trainingsbetrieb nicht zugelassen. Das hatte zur Folge, dass ich auf Turnieren nicht mehr in Erscheinung getreten bin und zum Schluss dazu geführt, meine Karriere zu beenden.

Ich habe Abstand vom Badminton gebraucht, wollte andere Dinge machen, habe ein Studium in Hamburg (Medien-, Sport- und Eventmanagement) begonnen. Zunächst bin ich sehr froh, wieder Vertrauen in meinen Körper und aktuell keine schwerwiegenden Verletzungen zu haben. 2015 habe ich vor, internationale Turniere zu spielen. Ich hoffe dabei, dass ich meine Weltranglistenposition steigern kann. Ein festes Weltranglistenziel habe ich nicht, da es nach zwei Turnieren für so eine Aussage zu früh ist. Mein Fokus ist, jeden Tag an mir zu arbeiten und zu versuchen, meine Form zu steigern.

Natürlich ist es eine Motivation, Turniere zu gewinnen. Ich will aber in erster Linie sehen, ob ich mein Niveau steigern kann. Diesen Prozess versuche ich ganz objektiv zu analysieren. Wenn noch Luft nach oben ist, dann werde ich sicherlich mehr Turniere spielen.

Was ist dein Ziel bei den Deutschen Meisterschaften Ende Januar 2015 in Bielefeld?
Bei der Deutschen Meisterschaft will ich um eine Medaille kämpfen. Zunächst muss ich mich erstmal dieses Wochenende über die Norddeutsche Meisterschaft qualifizieren. Das klappt hoffentlich. Bei der Deutschen Meisterschaft gehe ich allerdings davon aus, ohne Setzplatz zu starten. Von daher können mich schon früh harte Runden erwarten.

Vielen Dank dafür, dass du deine ausführlichen und interessanten Gedanken mit den Badzine-Lesern teilst.


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Tabelle
11. BC Bischmisheim1227
2TV Refrath1222
31. BV Mülheim1221
41. BC Beuel1219
5Union Lüdinghausen1217
6TSV 1906 Freystadt 1217
7SV Fun-Ball Dortelweil1212
8TSV Trittau1210
91. BC Wipperfeld1210
10Blau-Weiss Wittorf-NMS129