Badminton Open Saarbrücken

International 2017.04.18

"Wir trainieren zu früh, zu viel"

[Foto/Archiv: BadmintonPhoto]
Von Redaktion
Bisher galt die These, dass europäische Badmintonspieler eher zu spät in ein leistungssportgerechtes Umfeld einsteigen, also im jungen Alter zu wenig Trainingseinheiten absolvieren - und somit den Asiaten schon im Kindesalter stets hinterherhinken. Aus Dänemark kommen jetzt ganz andere - überraschende - Töne.
"Wir trainieren im Schüleralter zu viel!" Das sagt Jens Meibom, ehemaliger Nationaltrainer in Dänemark, und neuer Sportdirektor im dänischen Badminton-Verband (Badminton Danmark). Der Sportwissenschaftler will die Nachwuchsarbeit und Talentfindung beim europäischen Badminton-Giganten komplett umkrempeln.

Laut Meibom hemme die frühe Konzentration auf den Leistungssport und ein damit verbundener hoher Trainingsumfang die Talententwicklung. "Wir bei Team Danmark wissen mittlerweile, dass man vor dem Einsetzen der Pubertät überhaupt nicht abschätzen kann, ob es sich bei dem Spieler um ein Talent handelt oder nicht", erklärte Meibom gegenüber dem dänischen Fernsehsender TV2. Meibom war seit seinem Rücktritt als Nationaltrainer bei Team Denmark unter anderem als Sportpsychologe tätig.

"Wir können beobachten, dass schon in einem sehr frühen Alter der Trainingsumfang im Badmintonsport in den letzten Jahren rasant gestiegen ist. Das ist meiner Meinung nach nicht der richtige Weg. So ist es zum Beispiel gar nicht mehr möglich, noch andere Sportarten neben Badminton auszuüben. Acht- oder neunjährige Kinder sollten auch Fußball spielen oder Gymnastik machen. Dafür muss auch noch Platz sein. Und das ist auch wichtig für deren motorische Entwicklung", sagt Meibom.

Ein weitere Risiko sei auch, dass Talente das Interesse am Badminton verlieren, weil zu früh zu viel trainiert wird. "Nehmen wir an, wir spielen Tennis. Du spielst zweimal in der Woche und ich siebenmal. Wir haben das gleiche Level als Ausgangspunkt. Auch wenn ich kein großes Tennistalent habe, werde ich erstmal deutlich besser sein als du. Das ist der Punkt. Wir wählen unsere Talente nach den falschen Faktoren aus. Das 10-jährige Riesentalent im Badminton hat vielleicht schon aufgehört, bevor uns dessen Talent überhaupt bewusst wurde."

Team Denmark hat kürzlich untersucht, wie die Entwicklung und der Trainingsumfang dänischer Weltmeister, Europameister und All-England-Sieger der letzten Jahrzehnte im Schüleralter war. Das Ergebnis spricht eine klare Sprache: alle diese erfolgreichen SpielerInnen hatten sich erst im Alter von 13 oder 14 Jahren für Badminton als Leistungssport entschieden.

"Ich kann im Augenblick erkennen, dass wir nicht die richtigen Talente selektieren. Wir wählen Spieler und Spielerinnen, deren aktuelle Stärke auf einem bereits hohen Trainingsumfang basiert. Das hat für mich jedoch keine Bedeutung."

Team Danmark ist eine staatliche Organisation mit Sitz in Brøndby (Region Kopenhagen), die den Hochleistungssport in Dänemark fördert.

Jens Meibom ist seit 1. März 2017 Sportdirektor im dänischen Badminton-Verband und damit Nachfolger von Finn Trærup-Hansen. Der 48-Jährige war von 1999 bis 2004 bereits dänischer Nationaltrainer.


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